Foto: Horst Tress |
Gerd Ludwig / Frank Mehring "Beuys Land", Edition Lammerhuber, 108 Seiten, 59 Fotos, Deutsch / Englisch, 49,90 EUR, ISBN 978-3-903101-99-9 Joseph Beuys gilt weltweit als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Aber wo genau verortete er seine künstlerischen Wurzeln? Wo liegen seine Kraftquellen. Im Januar 1978 hielt der Fotograf Gerd Ludwig auf eindrucksvolle Weise fest, wie Beuys sich seiner Vergangenheit näherte – in der Stadt Kleve und deren niederrheinischen Umgebung. Dort, wo für Joseph Beuys alles begann.
Als Frank Mehring 2021 die Idee hatte, sechs der Beuys-Fotos von Gerd Ludwig im großen Format genau dort in der Landschaft des Niederrheins aufzustellen, wo sie 1978 entstanden sind, verknüpfte er sie sogleich mit einem Radweg. Freddy Langer ist ihn einen Tag lang abgefahren, gemeinsam mit Mehring und Ludwig, und hat der Tour einen Aufsatz gewidmet. Darin verschmelzen die Gespräche der drei Herren unterwegs sowie skurrile Begegnungen entlang der Strecke mit Gedanken zu Kunst und Ökologie und Reflexionen über Joseph Beuys‘ Einstellung zur Natur. Frank Mehring analysiert in seinem Text, wie wir heute den Menschen Joseph Beuys hinter der Marke erkennen und seine Bedeutung für die digitale Generation verstehen können und konzentriert sich dabei auf Beuys‘ biografische Ursprünge am Niederrhein. Er betont, dass Fotografie für Beuys wesentlich war, um seine vergänglichen Aktionen im öffentlichen Raum dauerhaft festzuhalten. Mehring sieht in Gerd Ludwigs Fotografien von Beuys am Niederrhein eine Art Zentralschlüssel zur Entdeckung jener Landschaft, die im Mittelpunkt von Beuys’ Leben und Werk steht. Anhand der Fotos erschließt Mehring, wie diese Region Beuys’ künstlerische Energie, sein ökologisches Bewusstsein und seine Vitalität prägte, die ihn an die Spitze der internationalen Kunstwelt katapultierte.
Blick ins Buch. Foto: Horst Tress |
Köllefornia informiert: Über das Buch: Ein tolles Buch, Fans des bis heute immer noch populären Künstlers werden es lieben. Sie werden viel über Beuys, seinen Naturbegriff und sein Verhältnis zum Land erfahren. Darauf aufbauend versteht man seine Objekte und Zitate viel besser. Der Künstler, der zu Lebzeiten bei Vorträgen und Diskussionen seinen Standpunkt zur Natur vorgetragen hatte, war für einige Mitmenschen schwer zu übersetzen. Erst im Nachhinein, bei genauer Betrachtung und durch einen Berg von Literatur über ihn, wurde sein Wissen und Können für Viele verständlicher.
Das Buch "Beuys Land" enthält neben hervorragenden Textpassagen eine Fülle herausragender Fotografien, die Beuys vor Ort zeigen. Sei es inmitten naturnaher Gebiete, aber auch bei Freunden, Bekannten und im Atelier. In letzterem entstand nicht nur Kunst, dort wurde auch gekocht. Und wenn Joseph Beuys einen Hasen zubereitete, kamen als Beilagen nur die Dinge infrage, die der Hase auch gerne mochte.
Alles in allem ein Buch, das in dem großen Angebot von / über Beuys in unseren Buchregalen noch fehlte. Fans und Liebhaber seiner Kunst sollten es sich unbedingt zulegen.
Über die Autoren: Gerd Ludwig, der Deutschamerikaner zählt zu den wegweisenden Dokumentarfotografen unserer Zeit. Er studierte bei Prof. Otto Steinert an der legendären Folkwangschule (heute: Folkwang Universität der Künste) und erlangte in den 70er Jahren Bekanntheit durch seine Reportagen für GEO, ZEITmagazin, Stern u.v.a, insbesondere durch seine Künstlerreportagen über Friedensreich Hundertwasser und Joseph Beuys. Nach seinem Umzug in die USA gehörte er drei Jahrzehnte lang zur Stammmannschaft des amerikanischen National Geographic Magazins. Seine engagierte Berichterstattung über die Folgen der Nuklearkatastrophe in Tschernobyl gilt als Meilenstein des modernen Fotojournalismus. Er wurde u.a. mit dem Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie und der Ehrenmedaille der University of Missouri (Missouri Honor Medal) für seine langjährige Leistungen im Journalismus ausgezeichnet und seine Fotos werden weltweit in Museen, Galerien und im öffentlichen Raum ausgestellt. Gerd Ludwig lebt in Los Angeles und widmet sich heute überwiegend langfristigen Projekten.
Frank Mehring ist Professor für American Studies an der Radboud University Nijmegen. Seine Forschungsarbeit konzentriert sich auf die Schnittstelle von Kunst, Kultur und Politik im transatlantischen Austausch. Unter den zahlreichen Publikationen zur Soft Power des Marshall Plans in Fotografien, Filmen und Ausstellungen erhielt seine Monografie The Democratic Gap (Winter, 2014) über das amerikanische Demokratieversprechen in der deutschen Emigrationsgeschichte den europäischen Rob Kroes Award. In seiner neuesten Arbeit widmet sich Frank Mehring dem Leben und Werk des deutsch-amerikanischen Künstlers Winold Reiss (Deutscher Kunstverlag, 2022). Doch Mehrings Beitrag beschränkt sich nicht nur auf akademische Kreise. Als Amerikanist und ehrenamtlicher Leiter des Museums Forum Arenacum setzt er sich aktiv dafür ein, Brücken zwischen Universität und Gesellschaft zu bauen. Besonders engagiert er sich für Projekte, die Musik und Kunst als Schlüssel verwenden, um jungen Menschen neue Perspektiven auf Geschichte und transnationale Erinnerungskulturen zu eröffnen.
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